Fahrt mit U34

Carl Rudolph Bromme
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Fahrt mit U34

Carl Rudolph Bromme Gesellschaft
Reisebericht über eine "Freundfahrt" auf U 34 vom 1.Ubootgeschwader
der Deutschen Marine.
von Carsten Standfuß                                                                                     Eckernförde, d. 26.10.2016

Aufgrund einer Einladung der Marine in Verbindung mit der Carl Rudolph Bromme Gesellschaft Leipzig e.V. ergab es sich, dass ich die Gelegenheit hatte, an einer Tagestour mit dem U-Boot U34 der Klasse 212A der Deutschen Marine als Gast am 26.10.2015 teilnehmen zu dürfen.

Doch zunächst zu meiner Person. Mein Name ist Carsten Standfuß, 50 Jahre alt und Schiffbauingenieur auf einer Werft in Rostock. Beruflich entwerfe und plane ich Rettungskreuzer, Behördenboote und Luxusyachten. Doch meine Freizeit gehört der Welt und den Fahrzeugen der Unterwasserwelt. Vor 30 Jahren hatte ich ein erstes 0,5 t Einmann U-Boot gebaut und vor drei Jahren ein eigenes 60t Offshore- Forschungs- U-Boot in Dienst gestellt. In Laufe meines Lebens auch viele zivile U-Boote gefahren und einige entworfen.

Tatsächlich bin ich aber noch nie auf einem militärischen U-Boot gefahren. Darum will ich auch gar nicht mit noch einem Reisebericht langweilen, sondern nur berichten welche Unterschiede mir ganz subjektiv aufgefallen sind. Und das berufsbedingt, technisch etwas eingefärbt. Man möge es mir verzeihen. 

Am Abend des 25.10. trafen die Mitglieder der Bromme Gesellschaft am Marinestützpunkt in Eckernförde ein. Die Hauptwache war informiert und zügig bekamen wir die Schlüssel und Magnetkarten unserer Stuben. Das Stützpunktgelände ist riesig und die Wachleute von einem ziviler Dienst sehr freundlich.

Am nächsten Morgen um 07:00 Uhr Begrüßung durch OLZS Becker in der Standortkantine. Nach kurzem Frühstück ging es zum Sanitätsgebäude wo eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung stattfand. Da wir nur als Tagesausflügler dabei waren, beschränkte man sich darauf unsere Ohren und Lunge genauer zu untersuchen und Vorerkrankungen abzufragen.

Kurz vor 08:00 Uhr waren wir dann auf der Mole wo Korvettekapitän Pfeiffer seine Crew gerade zur Auslaufmusterung vor dem U-Boot versammelte. Komisch dachte ich, die tragen graue Wölfe in den Abzeichen auf ihren Jacken, dabei sieht das Boot doch eher aus wie ein brauner Bär. U34 ist dunkelbraun. Die Konturen sind schlecht zusehen. Forschungs- U-Boote sind eher bunt und leuchten fast. Ich sehe mir die Aufbauten und das Oberdeck des großen Stahl- Wales genauer an - sieht aus wie Kunststoffplatten denke ich. Alles verschraubt und recht starkwandig. Später bestätigt sich das die Aufbauten unseres Bootes tatsächlich aus Kunststoff sind. Das hat es tatsächlich mit den kleinen zivilen U-Booten gemeinsam, man muss bei solchen U-Booten, so verrückt das für den Laien auch klingt, bei der Konstruktion Gewicht sparen. 

Begrüßung und Auslaufmusterung sind schnell vollzogen und pünktlich legt das Boot ab. Hier sehe ich auch einen ersten deutlichen Unterschied. Zivile U-Boote legen selten pünktlich ab - eigentlich nie. Der zweite Unterschied kommt aber sofort. U34 benötigt zum ablegen einen Schlepper! Komisch denke ich, Heute hat jeder 300 m lange Kreuzfahrer aber auch jedes anständige Sportboot ein Bugstrahlruder, einige sogar auch noch Heckstrahlruder und legt ohne kostspielige Schlepperunterstützung ab. Hätte man hier einbauen sollen, denkt mein Technikerherz, oder zumindest hydraulische Querstempel zum abdrücken. 

Der zweite Wachoffizier Kaleu Bilda nimmt uns im unteren Deck in der Offiziersmesse wahr, das U-Boot ist zumindest in der vorderen Hälfte ein Zweidecker.
Er betreut uns und erklärt uns geduldig das Schiff. Eigentlich ja ein Boot. Aber nun ja, ich kenne viele Schiffe die deutlich kleiner sind.

Die Technik ist beeindruckend. Fast alles wurde für dieses Boot angefertigt. Alles an Bord ist zweckmäßig und sehr robust ausgeführt, man erahnt das das Boot "einen Stiefel" ab kann.
Die Frage nach der Tauchtiefe taucht auf. Eine "offizielle" Zahl wird genannt aber ein Blick auf den Spantabstand und die Stärke der aussteifenden Gurte lässt mich denken "Da geht wohl noch mehr".

Der IIWO ist stolz auf sein Boot. Er hat noch die viel kleineren Vorgängermodelle gefahren. Mehr Platz, mehr Komfort sagt er. Platz denke ich, ist relativ und Komfort wohl vermutlich auch. Ich zähle jeweils 3 Kojen übereinander, dann 600 mm breit ein Betriebsgang dann wieder 3 Kojen übereinander, dahinter das ganze noch einmal. 12 Leute auf 8 m2. Die Bauvorschrift für kommerzielle Yachten schreibt auch 8 m2 Grundfläche vor. Allerdings für Zweimann Kammern. 

Tatsächlich teilen sich aber nicht zwölf Seeleuten diese Kojen im U-Boot sondern mehr. Es wird umschichtig drin geschlafen. Nur der Kommandant hat eine Einzelkammer. 

Wir sind in der Bucht von Eckerförde auf dem Weg nach Kiel. Der Kommandant lässt das Boot tauchen. Wir dürfen in der Zentrale zusehen. Wir versuchen uns klein zu machen und nicht zu stören. Dies ist keine Gästefahrt sondern eine reguläre Überführungsfahrt und neben der Stammcrew sind auch Auszubildende an Bord und ja eben auch wir. 38 Leute sind insgesamt an Bord. Das Boot fährt sonst mit 24 bis 28 Mann. Tatsächlich Männer - es ist keine Frau an Bord. 

Die Zentrale ist ganz anders also ich sie mir vorgestellt habe. Ich dachte an eine großen hellen Raum, an den Wänden lauter fröhlich blinkende bunte Bildschirme, mit Wetterberichten, CBN und BBC Nachrichten über die Krisen dieser Welt auf mehren Kanälen und ein Stimmengewirr von Anweisungen, Informationen und Unterhaltung.

Tatsächlich aber ist die Zentrale ganz in schwarz gehalten, die Monitore sind alle mit dunklen Hintergrund gedämpft und es ist ausgesprochen leise. Befehle kommen nur ganz kurz und immer klar und für alle hörbar aus den Lautsprechern. Egal wo man im Boot ist, versteht man es deutlich. Sollte man der Bundesbahn auch verkaufen denke ich. Die Bildschirme zeigen lauter interne und externe Informationen und sind auf dem ersten Blick ziemlich geheimnisvoll. An Backbord sieht es auf den Monitoren aus als wenn hier ein Kernkraftwerk oder eine Chemiefabrik gesteuert wird. Werte O2 (Sauerstoff) oder H2 (Wasserstoff) und deren aktueller "flow" sind erkennbar. Richtig unser Boot hat ja auch eine Brennstoffzelle. Im Grunde ist das auch ein schwimmendes Kraftwerk.

AIP heißt das Kürzel und "Außenluft unabhängiger Antrieb" dann übersetzt. Dieses Boot kann wochenlang tauchen. Auch ohne Atomkraft. Ein deutlicher Vorteil, da es sehr viel kompakter gebaut ist. Trotzdem beeindruckend was eine Werft auf 1500t Wasserverdrängung so alles einbauen kann. Und wie sauber. Auf dieses Boot darf der IIWO tatsächlich stolz sein. Aber für ca. 400 Millionen Euro darf man ja aber auch was erwarten. Eine Waschmaschine wurde allerdings vergessen. Aber nun gut, in den zivilen U-Boote ist natürlich auch keine. Dafür gibt es aber einen Frischwassererzeuger und man kann täglich duschen.

Das hat sich seit dem Boot aus dem Film "Das Boot" also geändert. Täglich duschen gab es da wohl nicht. Ich denke die haben damals auf den grauen Wölfen gar nicht geduscht.

Überhaupt schießt mir der Film hin und wieder durch den Kopf. Eine Boldschleuse auf der Toilette, Proviant in Netzen unter der Decke, Umschichtig in immer warmen Kojen schlafen,. Notluftfallen an den Ausstiegen, nur der "Alte" hat eine Kabine. Die Verwandtschaft des "Brauner Bärs" mit dem "Grauen Wolf" von vor 70 Jahren ist noch gut erkennbar. 

Die Besatzung an den Konsolen der Zentrale sehen eher entspannt aus. Doch der Eindruck täuscht. Frage Kommandant an Sonar: "Ziel vier Kabellängen Steuerbord querab?"
Der Mann am Sonar, von dem ich dachte er döst, antwortet sofort " Einschrauber, Vierblatt, 250 Umdrehungen, möglicherweise Fischereifahrzeug, drei Mann spielen Skat." Na ja, so ähnlich jedenfalls. Und tatsächlich hat das Boot auch mehr als nur eine Sonarkonsole.

Das Sonar gibt mir Rätsel auf. In den Forschungs-U-Booten sehen die Sonarbilder ähnlich aus wie Radarbilder. Schattenrissbilder der Umgebung Unterwasser. Aber solche Sonare sind aktiv und würden ein Militär-U-Boot verraten. Diese Sonare hier sind passiv und messen Schall der von außen kommt. Auf den Bildschirmen sind nur wilde Graphen zu sehen.

Das Boot taucht auf "Sehrohrtiefe", tiefer geht es hier in der Förde auch kaum und die Gäste dürfen das zweite Seerohr benutzen. Das Sehrohr ist tatsächlich noch eines, ein Rohr das ein- und ausfährt, mit Prismen und Spiegel und einer Optik drin, die das Bild Überwasser nach unten umlenkt.  Bei den zivilen Booten erledigen das schon seit Jahren Kameras und ein Kabel und ein großer Monitor. Allerdings ist ein Blick durch das Sehrohr durchaus überzeugend, Optik in höchster Vollendung. Die Boje die sich da so scharf und formatfüllend abbildet, ist noch Kilometer, pardon Seemeilen weit weg. Der untere Teil des Sehrohres wo sich das Okular befindet, ist dafür aber auch so groß wie eine Waschmaschinentrommel. 

Inzwischen sind wir wieder aufgetaucht und haben die Kieler Bucht erreicht. An Backbord ist das Marineehrenmal in Laboe zu erkennen. Das Boot macht eine Ehrenbezeugung.
Wir sind oben in der "Badewanne" des Turmes. Hier stehen die Schiffsführungsoffiziere bei der Überwasserfahrt und achten auf den Schiffsverkehr. Herrje, ist das eng hier. Die "Badewanne" ist mit fünf Personen bereits sehr gut voll. Allerdings ist man hier bereits einige Meter über der Schwimmwasserlinie und fährt ohne Spritzwasser völlig trocken durch die Gegend. Kein Vergleich mit dem viel kleineren Forschungs- U-Boot "Euronaut", wo man ab Windstärke vier im eigenen Interesse besser Ölzeug im Turm angezogen hat. Überhaupt zeigt sich das Boot von der See ziemlich unbeeindruckt. Unter Deck merkt man fast nicht das sich das U-Boot überhaupt bewegt.

Wir fahren in die Schleuse des Nord-Ostsee Kanals ein. Zwei Marineschlepper erwarten uns. Bugstrahlruder fehlen.. denke ich, kann den Techniker in mir einfach nicht abschalten. 

Einer sehr alten Marinetradition folgend wäre jetzt eigentlich ein "Schleusenbier" fällig. Aber eine höhere Führung hat vor ein paar Jahren entschieden, dass es während einer Dienstfahrt keinen Alkohol geben darf. Und so werden einer neuen alten Tradition folgend im Kiosk auf der Mole 38 Eis am Stiel gekauft. Ende Oktober ein eher etwas kaltes Vergnügen. Komische Marine, zurzeit von Admiral Bromme hatten die Matrosen jeder eine Rum Ration.

Ich verdrücke mich wieder unter Deck. Na ja, nicht ganz. Unter der Badewanne oben im Turm gibt es unter im Turm noch einen Betriebsgang der das Vordeck mit dem Achterdeck verbindet. Zumindest wenn die Türluke vorne und hinten offen stehen. Hier wird die lose Decksausrüstung gelagert und bei Unterwasserfahrt läuft dieser Bereich komplett voll Wasser. Bei Überwasserfahrt im geschützten Kanal kommen hier die Raucher der Freiwache zu ihrem Recht.

Am späten Nachmittag kommen wir in Schirnau an. Das Boot fährt in eine Art Halle, die aber so aussieht als wenn sie noch im Rohbau und vollständig ohne Beplankung ist. Das riesige Gebilde ist aus Holz und in Wahrheit eine Vorrichtung um die Fahrzeuge der Marine magnetisch zu vermessen. Und genau deshalb ist U34 heute hierher gefahren. 

Das Boot soll magnetisch neu eingemessen werden. Das ganze dient dazu das Boot für Minen mit Magnetfeldzündern unsichtbar zu machen. Grundsätzlich ist es das ja ohnehin schon. Das Boot ist vollständig aus antimagnetischem Stahl gebaut. Eine Besonderheit der deutschen Marine bei Ihren Minensuchern und U-Booten. Aber ein gewisses Restmagnetfeld ist doch vorhanden und muss alle paar Jahre vermessen und dann ausgesteuert werden. 

Die Reise und der Dienst wurde mit der Einlaufmusterung beendet. Danach ein "Einlaufbier", das erste des Tages und ein Bus bringt die Besatzung und uns zurück nach Eckernförde. Mir gefällt der braune Bär. Er brummt manchmal sogar - aber nur ganz leise. Na sagen wir ein "Brauner Wolf". 

Mein Dank, für einen erlebnisreichen, spannenden und informativen Tag auf und unter Wasser, gilt der Deutschen Marine, KK Pfeifer und seiner gemischten Mannschaft von der Besatzung „ALPHA“ und „DELTA“.

Dank auch an die Bromme Gesellschaft Leipzig, wo es sich lohnt Mitglied zu sein.

(Fotos: Carsten Standfuß / Markus Scholz)



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